Bund Deutscher Rechtspfleger Sachsen-Anhalt e.V.
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Berufsbild

Als eigenständiges Organ der Rechtspflege sind Rechtspfleger*innen aus der Justiz nicht mehr wegzudenken. Im Laufe der Jahrezehnte hat sich ein eigenständiger Berufsstand mit einem breiten Aufgabenspektrum und Anforderungsprofil herausgebildet. 

Tätigkeiten der Rechtspfleger*innen in ihren Funktionen in Rechtspflege und Verwaltung machen sie zu einem tragenden Element der Justiz. Sie sind als zweite Säule der Dritten Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt.

 

Historisches

Das Reichsentlastungsgesetz vom 11.03.1921 enthielt erstmals die Ermächtigung der Landesjustizverwaltungen zur Übertragung bestimmter richterlicher Geschäfte aus dem Zivilprozessrecht auf den Rechtspfleger.

Mit der Übertragung ehemals richterlicher Aufgaben wurde aus dem Gerichtsschreiber der Rechtspfleger (Preußische AV vom 28.05.1923).

Die wesentlichen strukturellen und systematischen Grundlagen, die das Rechtspflegeramt auch heute noch prägen, wurden mit dem Rechtspflegergesetz 1957 geschaffen. Neben der Vollübertragung richterlicher Aufgaben (§ 3 RPflG) erfolgten Vorbehalts- und Einzelübertragungen.

Durch das Rechtspflegergesetz 1969/1970 wurde das Rechtspflegerrecht neu gestaltet und das Aufgabenfeld des Rechtspflegers erheblich erweitert. Der Rechtspfleger bleibt weiterhin selbstständiges Organ der Rechtspflege und Beamter des Justizdienstes.

Das 2. Änderungsgesetz zum Rechtspflegergesetz von 1976 sieht als Einstellungsvoraussetzung einen zu einem Hochschulstudium berechtigenden Schulabschluss und für die Ausbildung einen Fachhochschulstudiengang mit Fachstudien von mindestens 18-monatiger Dauer und berufspraktische Studien vor.

In dem Gebiet der DDR galt das bisherige Reichsrecht zunächst weiter. Durch Änderung des Gerichtsverfassungsrechts im Jahre 1952 wurde jedoch ein Teil der Rechtspflegeraufgaben dem Gerichtssekretär und der gesamte Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entweder den staatlichen Notariaten oder Verwaltungsbehörden übertragen. Damit gab es in der DDR seit 1952 keine Rechtspfleger mehr. Mit der Vereinigung am 3.10.1990 wurde das Institut des Rechtspflegers mit den Aufgaben des Rechtspflegergesetzes hier eingeführt.

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes von 1998 trägt der Stellung des Rechtspflegers als eigenständigem, eigenverantwortlichen und sachlich unabhängigen Organ der Rechtspflege Rechnung. Es stellt in unmissverständlicher Form die sachliche Unabhängigkeit des Rechtspflegers klar.

Ferner wurden durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24. August 2004, BGBl. I S. 2198, sowie das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz (2. BtÄndG) vom 21. April 2005, BGBl. I S. 1073, die Möglichkeiten geschaffen, weitere Aufgaben auf den Rechtspfleger zu übertragen.

© Bund Deutscher Rechtspfleger - Leipziger Programm

Studium

Mit den Aufgaben eines Rechtspflegers kann ein Beamter des gehobenen Justizdienstes (Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt) betraut werden, der einen Vorbereitungsdienst von drei Jahren abgeleistet und die Rechtspflegerprüfung bestanden hat.

Der Vorbereitungsdienst wird in Form eines dualen Fachhochschulstudiums abgeleistet, welches sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckt. Der Vorbereitungsdienst wird mit der Laufbahnprüfung und fakulativ mit einer Diplomarbeit abgeschlossen.

Das Studium ist in sechs Semester gegliedert. Zunächst finden zwei fachtheoretische Semester an der HWR Berlin statt, um die die theoretischen Grundlagen der verschiedenen Rechtsgebiete zu erlernen. Es schließen sich  jeweils im Wechsel zwei Praxissemester (3. und 5. Semester) und zwei Theoriesemester (4. und 6. Semester) an. Die Praxissemster werden bei den Ausbildungsgerichten und Staatsanwaltschaften im Land Sachsen-Anhalt abgeleistet. Vor Beginn des Studiums erfolgt die Ernennung zum Rechtspflegeranwärter*in und damit verbunden die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf. Nach erfolgreichem Abschluss des dreijährigen Vorbereitungsdienstes wird regelmäßig im Oktober eines Jahres die Laufbahnprüfung abgelegt.

 

Informationen des Oberlandesgerichts Naumburgzum Studium, Berufsbild und zur Bewerbung (www.olg.sachsen-anhalt.de)

Ausbildungs-, Prüfungs- und Aufstiegsverordnung für die Laufbahn des Rechtspfleger- und Justizverwaltungsdienstes (APVO RPflJV)
 

Einsatzmöglichkeiten

Die Rechtspfleger*innen  nehmen die ihnen durch das Rechtspflegergesetz (RPflG) übertragenen Aufgaben wahr. Als ein selbstständiges Organ der Rechtspflege, sind Rechtspflger*innen in ihrem Aufgabenbereich sachlich unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (§ 9 RPflG). Dies bedeutet, dass Rechtspfleger*innen frei von Weisungen Dienstvorgesetzer arbeiten. Eine Überprüfung ihrer Entscheidungen findet ausschließlich im Rechtsmittelverfahren statt.

Die Einsatzgebiete sind vielfältig und erstrecken sich von der freiwilligen über die streitige Gerichtsbarkeit bis hin zur Fachgerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften.

Zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören beispielsweise:

Darüber hinaus werden Rechtspfleger unter anderem mit folgenden Aufgaben der streitigen Gerichtsbarkeit betraut:

Darüber hinaus nehmen Rechtspfleger*innen als Beamte des gehobenen Justizdienstes auch unterschiedlichste Aufgaben der Justizverwaltung wahr.  Dazu gehören die Funktion der Geschäftsleiter*in, welche den inneren Dienstbetrieb einer Justizbehörde regeln und bei der Dienstaufsicht mitwirken, sowie die Vertretung der Staatskasse als Bezirksrevisor*in.

Daneben sind sie in der Verwaltungs-, Arbeits-, und Sozialgerichtsbarkeit tätig und werden dort unter anderem in den Rechtsantragsstellen oder in der Verwaltung eingesetzt. Vielseitige Verwendungsmöglichkeiten bestehen außerdem in der Personalverwaltung oder im Haushaltswesen des Oberlandesgerichts und des Justizministeriums.

Die Aufzählung der Tätigkeitsbereiche erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.